Prototypische Implementierung und Evaluation einer mobilen Anwendung zur transdiagnostischen Psychoedukation

Thema:
Prototypische Implementierung und Evaluation einer mobilen Anwendung zur transdiagnostischen Psychoedukation
Art:
BA
BetreuerIn:
Vitus Maierhöfer
BearbeiterIn:
Clara Eckhardt
ErstgutachterIn:
Christian Wolff
ZweitgutachterIn:
Youssef Shiban
Status:
in Bearbeitung
Stichworte:
Prototyp, App, Psychoedukation, Göttingen, Transdiagnostik
angelegt:
2023-12-21
Antrittsvortrag:
2024-01-22

Hintergrund

Weltweit herrscht eine Zunahme an Menschen, die mobile Technologien nutzen. Diese wachsende Verbreitung kann potenziell den Zugang zu mental health care verbessern und erweitern [1]. Eine Art der mental health care, die zunehmend an Popularität gewonnen hat, ist die Verwendung von mobilen Anwendungen [2]. Die meisten dieser Apps sind jedoch nicht ausreichend evaluiert und sind trotz mangelnder empirischer Evidenz zugänglich [3]. Zudem fokussieren sich viele mHealth-Apps nur auf eine Störung, weshalb für unterschiedliche Störungen auch unterschiedliche Anwendungen genutzt werden müssen [4].

Mobile Apps bieten eine wichtige Möglichkeit, das Selbstmanagement von PatientInnen bei psychischen Problemen zu verbessern, weshalb viele Betroffene auf digitale Anwendungen zur psychischen Gesundheit als eine Form der Unterstützung zurückgreifen [5]. In Deutschland sind mehr als ein Viertel der Erwachsenen jedes Jahr von einer psychischen Erkrankung betroffen [6]. Eine aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts zeigt darüber hinaus die weiterhin negative Entwicklung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung auf [7]. Studien zufolge erfahren zwischen 50% und 70% der Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden, positive Effekte [6], jedoch wird der Zugang dazu durch Versorgungsdefizite erschwert [8]. mHealth-Apps bieten in Anbetracht dessen einige Vorteile, denn sie sind eine leicht zugängliche, bequeme und anonyme Möglichkeit, die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu fördern [9]. Psychoedukation gehört hierbei zu den wirksamsten evidenzbasierten Verfahren [10] und das digitale Lernen birgt viele Potenziale in sich, so kann es beispielsweise die Bequemlichkeit, Tragbarkeit, Medienvielfalt und Beteiligung verbessern [11].

An der psychosomatischen Klinik in Bad Gandersheim kommen von der PFH Göttingen erstellte Gruppenmodule der Transdiagnostik zum Einsatz, die Lerninhalte und Übungen werden in Trainingsgruppen vermittelt. Jedoch fehlt bisher eine mobile Anwendung, um die Inhalte für Patient*innen auch nach ihrem Aufenthalt in der Klinik zugänglich zu machen, damit sie nachlesen und Übungen durchführen können. Hierbei stellen sich folgende Forschungsfragen: Wie und anhand welcher Anforderungen kann die Implementierung einer mobilen Anwendung gestaltet werden, um eine effektive transdiagnostische Psychoedukation zu gewährleisten? Inwiefern bietet die prototypische App-Version als Form der Vermittlung im Vergleich zu Trainingsgruppen einen Mehrwert für Nutzende?

Zielsetzung der Arbeit

Ziel ist die Implementierung und Evaluation eines Prototypen in Figma zur Psychoedukation bei psychischen Störungen. Die psychoedukativen Inhalte der App werden in Form von einem exemplarischen Transdiagnostik-Modul (Körper & Schlaf), das anhand des Grundlagenwerks von Heßler-Kaufmann & Fiedler erarbeitet wurde, von der PFH Göttingen zu Verfügung gestellt [12]. Der Prototyp wird mit anhand der Designplattform Figma entwickelt, da der Fokus in dieser Arbeit weniger auf der Entwicklung der Anwendung als auf der Anforderungsanalyse und Evaluation der App liegen soll. Durch dieses Vorgehen soll sich die Anwendung von den oft nicht ausreichend evaluierten mHealth-Apps abgrenzen [3].

Ausgehend von einer vorangegangenen Arbeit aus Göttingen wird der nutzerzentrierte Design-Prozess angewendet und in vorerst zwei Evaluationszyklen durchgeführt [13]. Der Prozess erwies sich in der Göttinger Arbeit als sehr effektiv, um die Nutzeranforderungen zu vermitteln und einen nutzerzentrierten Prototyp zu entwickeln [13]. Das Miteinbeziehen verschiedener NutzerInnengruppen und ExpertInnen bei der Konzeption, Entwicklung und Evaluation der Anwendung ist unverzichtbar, um die App an die Bedürfnisse der NutzerIinnen bestmöglich anzupassen. Der Prototyp wird anhand von zwei Evaluationszyklen erstellt. Im ersten Zyklus wird nach einer Anforderungsanalyse und dem Spezifizieren der Nutzeranforderungen als erste Version ein Low-Fidelity-Prototyp erstellt und evaluiert. Anschließend werden die Ergebnisse verwendet, um im zweiten Zyklus einen High-Fidelity-Prototypen anhand Figma zu entwickeln und zu evaluieren. Diese Iteration soll zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Anwendung führen. Innerhalb der beiden Evaluationszyklen wird die Anwendung anhand von Usability-Methoden, insbesondere Guerilla-Tests, (ExpertInnen-)Interviews und Fragebögen, getestet und verbessert. Es werden zudem die verschiedenen Arten der Vermittlung, also prototypische App-Version vs. Trainingsgruppen, gegenüber gestellt, um zu untersuchen, inwiefern die Anwendung im Vergleich zu Gruppentrainings Vorteile bieten könnte.

Konkrete Aufgaben

  • Aufbereiten des Themas (Literaturrecherche)
  • Anforderungsanalyse und Spezifizieren der Nutzeranforderungen
  • Erstellung eines Low-Fidelity-Prototypen
  • Erster Evaluationszyklus
  • Erstellung eines High-Fidelity-Prototypen in Figma
  • Zweiter Evaluationszyklus
  • Vervollständigen der schriftlichen Ausarbeitung

Erwartete Vorkenntnisse

  • Grundlagen im User-Centered Design
  • Grundlagenwissen zu Usability-Studien
  • Grundlagen in Konzeption und Evaluation mobiler Anwendungen

Weiterführende Quellen

[1] Ng, M. M., Firth, J., Minen, M., & Torous, J. (2019). User Engagement in Mental Health Apps: A Review of Measurement, Reporting, and Validity. Psychiatric Services, 70(7), 538–544. https://doi.org/10.1176/appi.ps.201800519.

[2] Lui, J. H., Marcus, D. K., & Barry, C. T. (2017). Evidence-based apps? A review of mental health mobile applications in a psychotherapy context. Professional Psychology: Research and Practice, 48(3), 199–210. https://doi.org/10.1037/pro0000122.

[3] Neary, M., & Schueller, S. M. (2018). State of the Field of Mental Health Apps. Cognitive and Behavioral Practice, 25(4), 531–537. https://doi.org/10.1016/j.cbpra.2018.01.002.

[4] Chandrashekar, P. (2018). Do mental health mobile apps work: Evidence and recommendations for designing high-efficacy mental health mobile apps. Mhealth, 4, 6. https://doi.org/10.21037/mhealth.2018.03.02.

[5] Alqahtani, F., & Orji, R. (2020). Insights from user reviews to improve mental health apps. Health Informatics Journal, 26(3), 2042–2066. https://doi.org/10.1177/1460458219896492.

[6] Wagner, E. (2021). Psychische Störungen verstehen: Orientierungshilfe für Angehörige. Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63156-0.

[7] Aktuelle Ergebnisse zur Entwicklung der psychischen Gesundheit der erwachsenen Bevölkerung bei hochfrequenter Beobachtung (MENTAL-HEALTH-SURVEILLANCE-BERICHT QUARTAL 2/2023). (2023). Robert Koch Institut. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/MHS/Quartalsberichte/2023-Q2_MHS-Bericht.pdf?__blob=publicationFile.

[8] Strauß, B. (2015). Chancenungleichheit auf der Suche nach einem Therapieplatz. Psychotherapeut, 60(5), 389–396. https://doi.org/10.1007/s00278-015-0044-5.

[9] Rubeis, G., & Ketteler, D. (2020). Wem nützt die App? Internet- und mobilgestützte Interventionen (IMIs) im Spannungsfeld von Autonomie und Patientenwohl. PPmP - Psychotherapie · Psychosomatik · Medizinische Psychologie, 70(11), 467–474. https://doi.org/10.1055/a-1104-5459.

[10] Lukens, E. P., & McFarlane, W. R. (2004). Psychoeducation as evidence-based practice: Considerations for practice, research, and policy. Brief Treatment & Crisis Intervention, 4(3), 205–225. https://doi.org/10.1093/brief-treatment/mhh019.

[11] Nichols, M. (2016). Reading and Studying on the Screen: An Overview of Literature Towards Good Learning Design Practice. Journal of Open, Flexible, and Distance Learning, 20(1), 33–43.

[12] Heßler-Kaufmann, J., & Fiedler, P. (2019). Transdiagnostische Interventionen in der Psychotherapie. Schattauer.

[13] Trmkoli, M. (2023). Von der Konzeption zur Evaluation: Die Anwendung des nutzerzentrierten Design-Prozesses zur Erstellung und Bewertung eines Prototyps einer Mental Health App.