"Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch" - Der Einsatz von Sentiment Analysis in der quantitativen Dramenanalyse

Thema:
"Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch" - Der Einsatz von Sentiment Analysis in der quantitativen Dramenanalyse
Art:
MA
BetreuerIn:
Manuel Burghardt
BearbeiterIn:
Thomas Schmidt
ErstgutachterIn:
Christian Wolff
ZweitgutachterIn:
N.N.
Status:
abgeschlossen
Stichworte:
Digital Humanities, Sentiment Analysis, Dramenanalyse
angelegt:
2017-03-24
Beginn:
2017-02-01
Antrittsvortrag:
2017-05-08
Abschlussvortrag:
2017-10-16
Abgabe:
2017-09-30
Textlizenz:
Unbekannt
Codelizenz:
Unbekannt

Hintergrund

Als zentrale Methodik ist die Hermeneutik und die werkinterpretatorische Betrachtungsweise in der Literaturwissenschaft bislang vorherschend. Interdisziplinäre Forscher wie Willhelm Fucks (1965) befürworten jedoch den Einsatz von objektiven quantitativen Methoden als Ergänzung und Unterstützung zur bisherigen subjektiven Interpretation. Basierend auf dieser Motivation entwickelt der Mathematiker Marcus Solomon (1971, 1973) ein mathematisch-linguistisches Modell zur quantitativen Dramenanalyse. Ideen dieser Theorie konnten gewinnbringend zur Beantwortung literaturwissenschaftlicher Fragestellungen mit Hilfe computergestützter Verfahren genutzt werden (Ilsemann, 2005; 2008). Zahlreiche Projekte in den Digital Humanities explorieren mittlerweile Möglichkeiten der quantitativen Dramenanalyse auch jenseits von Solomons Theorien, beispielsweise in Form von Netzwerkanalysen von Figurenbeziehungen (Fischer et al., 2015) oder der Analyse von Figurenrede (Blessing et al., 2016). Eine weitere textanalytische Mehtodik, die Sentiment Analysis, wird immer mehr in vielen Bereichen der Digital Humanities eingesetzt, zum Beispiel bei der Analyse von historischen Texten (Marchetti, Sprugnoli & Tonelli, 2014), von Romanen (Elsner, 2015) oder von Märchen (Mohammad, 2011). Sie findet bislang jedoch selten Einsatz in der quantitativen Dramenanalyse, obschon Zusammenhänge auf Gefühlsebene und Emotionen wie Liebe, Hass, Neid, Trauer oder Freude essentielle Elemente zum tieferen Verständnis eines Dramas sein können. Nalisnick und Baird (2013) können beispielhaft in einem ersten Versuch den Nutzen für einige Shakespeare-Dramen belegen. In der vorliegenden Masterarbeit soll der Einsatz der Sentiment Analysis in de quantitativen Dramenanalyse untersucht werden und eine bestehende Anwendung um Funkionalität für die Sentiment Analysis erweitert werden.

Zielsetzung der Arbeit

Im Rahmen des Digital-Humanities-Kurses wurde ein Tool zur quantitativen Dramenanalyse deutschsprachiger Dramen, Katharsis, entwickelt (Burghardt et al., 2016). Dieses konzentriert sich jedoch hauptsächlich auf statistische Repliken- und Konfigurationsanalyse. Im Rahmen der Masterarbeit sollen Probleme und Möglicheiten der Sentiment Analysis in der quantitativen Dramenanalyse systematisch analysiert werden und das bestehende Tool um Sentiment-Analysis-Komponenten erweitert werden. Ziel der Arbeit ist es, den möglichen Nutzen und Implikation für die Literaturwissenschaft und die quantitative Dramenanalyse zu verdeutlichen und zu diskutieren.

Konkrete Aufgaben

Arbeitsschritte:

  • Aufarbeitung verwandter Literatur und Projekte
  • Exploration und Analyse von Möglichkeiten und Problemen der Sentiment Analysis in der quantitativen Dramenanalyse
  • Identifikatione, Analyse und Vergleich von verschiedenen Ansätzen der Sentiment Analysis und Möglichkeiten von Problemlösungen
  • Konzeption und Implementierung einer Sentiment-Analysis als Erweiterung im Back-End des bestehenden Tools Katharsis
  • (Möglicherweise Anpassung und Verbesserung des bestehenden Parsers und Datenmodells)
  • Exploration und Analyse von Visualisierungsmöglichkeiten der Sentiment Analysis in der quantitative Dramenanalyse
  • Konzeption, Implementierung und Integration einer Visualisierung in das Front-End des bestehenden Tools Katharsis
  • Diskussion des literaturwissenschaftlichen Einsatzes der entwickelten Sentiment Analysis am Anwendungsbeispiel von Lessing-Dramen
  • Diskussion und Ausblick der Möglichkeiten der Übertragbarkeit der Ergebnisse

Entwicklungskontext:

  • Das Back-End wird in Phyton entwickelt und das Front-End als Web-Anwendung in HTML, CSS und Javascript
  • Als Dramenkorpus dienen annotierte deutsche Dramen aus der Forschungsumgebung Text Grid
  • Als zentrales Anwendungsbeispiel wird eine Sammlung bürgerlicher Dramen des 18. Jahrhunderts von Gotthold Ephraim Lessing gewählt

Erwartete Vorkenntnisse

Keine

Weiterführende Quellen

  • Blessing, A., Bockwinkel,P., Reiter, N. & Willand, Marcus. (2016). Dramenwerkbank: Automatische Sprachverarbeitung zur Analyse von Figurenrede. In DHd 2016: Modellierung - Vernetzung - Visualisierung (pp. 281–284). Verfügbar unter http://dhd2016.de/boa.pdf
  • Burghardt, M., Dennerlein, K., Schmidt, T., Mühlenfeld, J. & Wolff, C. (2016). Katharsis – Ein Werkzeug für die quantitative Dramenanalyse. In CLARIN-D Forum CA3. Verfügbar unter https://www.clarin-d.de/de/konferenz-abstracts/369-katharsis-ein-werkzeug-fuer-die-quantitative-dramenanalyse
  • Elsner, M. (2015). Abstract Representations of Plot Structure. Linguistic Issues in Language Technology, 12(5).
  • Fischer, F., Göbel, M., Kampkaspar, D. & Trilcke, P. (2015). Digital Network Analysis of Dramatic Texts. In DH2015: Global Digital Humanities. Verfügbar unter http://dh2015.org/abstracts/xml/FISCHER_Frank_Digital_Network_Analysis_of_Dramati/FISCHER_Frank_Digital_Network_Analysis_of_Dramatic_Text.html
  • Fucks, W. & Lauter, J. (1965). Mathematische Analyse des literarischen Stils. In Kreuzer, H. & Gunzenhäuser, F. (Hrsg.), Mathematik und Dichtung, (S. 107-122). München: Nymphenburger Verlagshandlung.
  • Ilsemann, H. (2005). Some statistical observations on speech lengths in Shakespeare’s plays. Shakespeare Jahrbuch, 141, 158–68.
  • Ilsemann, H. (2008). More statistical observations on speech lengths in Shakespeare’s plays. Literary and Linguistic Computing, 23(4), 397-407.
  • Marchetti, A., Sprugnoli, R. & Tonelli, S. (2014). Sentiment Analysis for the Humanities: The Case of Historical Texts. In DH 2014. Verfügbar unter http://dharchive.org/paper/DH2014/Paper-220.xml
  • Mohammad, S. (2011). From once upon a time to happily ever after: Tracking emotions in novels and fairy tales. In Proceedings of the 5th ACL-HLT Workshop on Language Technology for Cultural Heritage, Social Sciences, and Humanities (pp. 105-114). Association for Computational Linguistics.
  • Nalisnick, E. T., & Baird, H. S. (2013). Character-to-character sentiment analysis in shakespeare’s plays. In Proceedings of the 51st Annual Meeting of the Association for Computational Linguistics (pp. 479–483).
  • Solomon, M. (1971). Ein mathematisch-linguistisches Dramenmodell. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 1(1), 139-152.
  • Solomon, M. (1973). Mathematische Poetik. Frankfurt: Athenäum.